Die Tsamai (auch Tsemay geschrieben) leben in Südwest-Äthiopien. Sie beziehen ihren Namen von der
ostkushitischen Sprache, die sie sprechen.
Insgesamt besteht die Bevölkerung der Tsamay aus ungefähr 10 000 Männern und Frauen, die fast alle im Tal
des Flusses Omo und in der People's Region leben. Nachbarn der Tsamay sind die Konso im Osten, die Banna
im Westen, die Male im Norden und die Arbore im Süden. Mit diesen leben sie meist in friedlicher
Übereinkunft.
Die Tsamay leben vor allem von Landwirtschaft und Viehhaltung, weswegen sie auch entweder nicht zur Schule
gehen oder diese früh abbrechen. Die Analphabetenquote liegt bei 99%.
Zum Ursprung des Stammes existiert eine Legende, welche folgendes besagt: Es habe am Anfang neun Stämme in der Gegend gegeben, die sich im Inzest fortpflanzten und unsterblich waren. Eines Tages habe aber Gott beschlossen, die Stämme für ihren Inzest zu bestrafen. So habe er alle Krankheiten geschaffen und damit die Unsterblichkeit der Leute beendet. Um weiteren Inzest zu vermeiden, habe er neun Mädchen geschaffen, die er den Stammesoberen zur Frau gab. Aus diesen Verbindungen sei dann der Tsamay-Stamm entstanden.
Im Gegensatz zu anderen Stämmen in Äthiopien gibt es bei den Tsamay kein voreheliches Sexverbot. Wenn ein
Mädchen im Stamm eine sexuelle Beziehung eingehen möchte, kann sie das tun, auch wenn sie noch nicht
verheiratet ist. Allerdings darf aus einer solchen Verbindung keine Schwangerschaft entstehen, was wiederum
eine Heirat unabdingbar macht.
Eine Hochzeit kann entweder gegen den Willen der Frau oder auch aus Liebe arrangiert werden. Die Eltern
haben in dieser Entscheidung immer das letzte Wort. Wenn die Hochzeit vonstatten gegangen ist, wird die Frau
in die Familie des Mannes aufgenommen und ist von nun an Eigentum der Schwiegereltern.
Die traditionelle Kleidung der Tsamay besteht für die Frauen aus einem Ledergewand. An der Länge des Kleides
sieht man, ob sie verheiratet ist (lang) oder nicht (kurz). Die Kleidung der Männer hängt von dem jeweiligen
Beruf ab (Hirte oder Feldarbeiter).